Auf den Blickwinkel kommt es an
von Dagmar Steinborn
Kulturkalender Marzahn-Hellersdorf 1/2015
Die Arbeiten von Ute Licht sprechen viele Sprachen. So, wie sie selbst immer das Ganze sieht, aus verschiedenen Blickwinkeln auf Dinge und Menschen schaut, möchte sie auch den Betrachter mit ihrer Kunst erreichen. Das tut sie auf die ihr eigene Art und Weise.
Ute Licht ist eine neugierige aber auch kritische Frau. Sie beobachtet und setzt sich mit ihren Eindrücken, Gedanken, Erfahrungen und Wünschen auseinander. Die finden dann Eingang in ihre Werke.
Für skurrile Formen und Gegenstände mit einer eigenen Geschichte hat sie einen Blick, wie die Holzbalken der Scheune, die bereits auf dem Stapel für Feuerholz gelandet waren, als die Künstlerin sie entdeckte. Für den Besitzer war es nur noch altes Holz. Doch Ute Licht erkennt die bizarre Schönheit des jahrhundertealten Baumes. Im richtigen Ambiente und gekonnt präsentiert, erhält es ein neues Leben als einzigartige Holzskulptur!
Für ihre Collagen und Raumobjekte verwendet die Künstlerin eine Fülle von Materialen, wie Seide, verschiedene Papiere, Farben aber auch Naturmaterialen. Den Sommer über nutzt sie ihren Garten als “Freiluftatelier”, denn u. a. beim Papierschöpfen kommt viel Wasser zum Einsatz.
Im Herbst letzten Jahres beteiligte sich Ute Licht an der Temporären Kunstakademie “Nachbarn für Nachbarn – moderne Kunst für jedermann” in der “Galerie M”. Hier war es eine Säule aus Armierungsstahl, auf die sie ihre Arbeiten drapierte. Aber auch an weiteren Ausstellungsorten im Bezirk wie der “Pyramide” oder der “Mark-Twain-Bibliothek” war sie mit ihren Werken vertreten, ebenso in Polen, Ungarn Tschechien sowie in ganz Deutschland.
Die Künstlerin präsentiert Textilarbeiten, Malerei, Collagen, Raumobjekte aus Seide in Verbindung mit Papier und Schmuck, den sie auch selber trägt. Einige Arbeiten sind Dauerleihgaben. In diesem Jahr beteiligt sie sich am 11. und 12. Juli an der Ausstellung „Sommerkunst“ in Wandlitz und vom 08.08.-30.08. an “Dörfer zeigen Kunst” in Thandorf (NWM).
Sie hat aber noch viele andere Interessen. “Gelesen habe ich schon immer gern.” erzählt Ute Licht. “Krimis mag sie besonders und historische Romane.” Zur Lyrik hat sie eine besondere Beziehung. Drei Bände mit Gedichten, dazu selbst illustriert, sind bereits erschienen. Ute Licht ist Mitglied im Verband internationaler Papierkünstler IAPMA.
Nach dem Abitur studierte Ute Licht in Brno/CSSR und Rostock Medizin. Sie promovierte, wurde Fachärztin für Hals-Nasen-Ohrenkrankheiten, arbeitete im Kreiskrankenhaus Kyritz, später in Pritzwalk. 1989 zog sie nach Berlin und war in einer Marzahner HNO-Gemeinschaftspraxis tätig.
“Ganzheitliche Medizin war mir immer wichtig. Ich wollte die auslösenden Ursachen der Krankheit erkennen und nicht nur die Symptome behandeln.” sagt sie. Das findet in ihrer Privatpraxis für Ganzheitliche Medizin ihren Niederschlag, die sie seit 2009 führt. Tätigkeitsschwerpunkte sind u. a. Psychosomatik, Psycho-Kinesiologie und Systemische Aufstellungen.
Neben ihrer Arbeit als Ärztin und Therapeutin war sie immer künstlerisch tätig. Ihre Großmutter lehrte sie Handarbeitstechniken. So nähte und strickte sie sich ihre Kleidung schon als Studentin selbst, später während langer Nachtdienste im Krankenhaus machte sie Handarbeiten. Immer auf der Suche nach neuen Herausforderungen auf diesem Gebiet, machte sie neben ihrer Arbeit eine Ausbildung zur künstlerischen Textilgestalterin.
Sie interessierte der fachliche Hintergrund. Es reizte sie, neue Fertigkeiten zu erwerben, mit unterschiedlichen Materialien zu experimentieren, diese in einem anderen Kontext wieder zusammen zu fügen. Dabei kann sie die eigene Kreativität erfahren und ausleben. Auch hier spielte das Ganze eine Rolle. In ihrem Textilzirkel, den sie fast 20 Jahre lang im Krankenhaus leitete, trafen Kolleginnen aus allen Arbeitsbereichen der Klinik zusammen. Aber auch ganz andere künstlerische Techniken faszinieren sie. So erlernte sie autodidaktisch die Aquarellmalerei, später benutzte sie Acrylfarbe.
Seit 15 Jahren arbeitet sie mit Papier, hat zahlreiche Workshops dazu besucht. Ihrer Experimentierfreude ist es zu verdanken, dass sie nicht aufhört, neue Techniken für sich zu entdecken. Sie kreiert u.a. dekorativen Modeschmuck aus Kaffeepads. Überhaupt ist ihr die Umwelt wichtig, Re- und Upcycling ist der Begriff dafür. “So gebe ich den Dingen ein zweites Leben.” sagt sie.
Dem kleinen Ort Lenschow im Nordwesten Mecklenburgs widmet sie die Webseite “Lenschow-in-memoriam”. Er musste dem Bau der innerdeutschen Grenzanlagen weichen. Hier verlebte sie bis 1953 zehn Jahre ihrer Kindheit. In Gedenken an die Vernichtung Lenschows hat sie eine Dokumentation erarbeitet.
Wie sehr sie der Verlust der Heimat noch heute schmerzt, beschreibt sie in den Zeilen: “… als ort zwar verschwunden / doch im herzen bewahrt / bleibst du erhalten / für die denen wichtig du warst.”